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Kein automatischer Marktzugang: EuGH bestätigt Einschränkungen für Drittstaatsunternehmen im Vergaberecht 

2 Minuten Lesezeit

Die Teilnahme von Unternehmen aus Drittstaaten an öffentlichen Vergabeverfahren in der EU bleibt an enge Voraussetzungen gebunden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der diesjährigen Entscheidung vom 13.3.2025 (C-266/22 CRRC Qingdao Sifang) bekräftigt, dass Drittstaatsunternehmen nur dann auf den EU-Beschaffungsmarkt zugreifen können, wenn ein entsprechendes Abkommen zwischen der EU und dem Herkunftsland besteht. Ohne eine solche Grundlage besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung mit europäischen Bieter:innen.

Hintergrund des Urteils: Fall CRRC Qingdao

Der Fall betraf ein Bieterkonsortium, das aus der China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) und einem in Rumänien ansässigen Unternehmen bestand. Dieses wurde von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen, da die CRRC ein Drittstaatsunternehmen ist und kein relevantes Handelsabkommen zwischen der EU und China existiert.

Der EuGH entschied, dass dieser Ausschluss rechtens sei. Selbst die Beteiligung eines EU-Unternehmens in einem Bieterkonsortium änderte nichts an der rechtlichen Bewertung.

Kernaussagen des EuGH-Urteils

  • EU-weite Regelungskompetenz: Die EU besitzt die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung des Zugangs von Drittstaatsunternehmen zum Beschaffungsmarkt. Nationale Sonderregelungen der Mitgliedstaaten sind nicht anwendbar.
  • Kein Zugang ohne Abkommen: Drittstaatsunternehmen können sich nicht auf die Grundprinzipien des EU-Vergaberechts (z. B. Nichtdiskriminierung oder Transparenz) berufen, wenn kein entsprechendes Abkommen existiert.
  • Risiko für gemischte Bieterkonsortien: Die Teilnahme eines Drittstaatsunternehmens kann zur Disqualifikation eines gesamten Bieterkonsortiums führen.

Konsequenzen für Unternehmen

Nur Unternehmen aus Staaten, die mit der EU ein Abkommen wie das Government Procurement Agreement (GPA) der WTO abgeschlossen haben, erhalten Zugang zum Vergabemarkt. Gibt es kein solches Abkommen, liegt es im Ermessen der jeweiligen Auftraggeber:innen, ob und unter welchen Bedingungen sie Drittstaatsunternehmen zulassen.

Besonders für Bietergemeinschaften birgt dies ein Risiko: Die Zusammenarbeit mit einem Drittstaatsunternehmen kann dazu führen, dass das gesamte Bieterkonsortium vom Verfahren ausgeschlossen wird. Alternativ können Drittstaatsunternehmen in bestimmten Fällen auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie Vertrauensschutz oder Schadenersatzforderungen zurückgreifen.

Handlungsempfehlungen für Bieter:innen

  • Prüfen Sie internationale Abkommen: Unternehmen sollten vorab klären, ob ihr Heimatland ein Handelsabkommen mit der EU hat, das ihnen den Zugang zu Vergabeverfahren ermöglicht.
  • Setzen Sie auf europäische Partner: Die Bildung von Bieterkonsortien mit EU-Unternehmen reduziert rechtliche Risiken.
  • Kalkulieren Sie Einschränkungen ein: Drittstaatsunternehmen sollten sich bewusst sein, dass sie ohne ein einschlägiges Abkommen benachteiligt werden können.
  • Prüfen Sie alternative Rechtsmittel: Falls ein Ausschluss erfolgt, kann eine Prüfung allgemeiner Rechtsgrundsätze oder internationaler Verträge sinnvoll sein.

Die Entscheidung des EuGH bestätigt, dass der europäische Vergabemarkt vorrangig für EU-Unternehmen reserviert bleibt. Drittstaatsunternehmen sind auf Handelsabkommen und strategische Partnerschaften angewiesen, um weiterhin an Vergabeverfahren teilhaben zu können.

Fazit: Der EU-Vergabemarkt bleibt EU-Unternehmen vorbehalten

Mit dem Urteil stellt der EuGH klar: Der europäische Beschaffungsmarkt ist nicht automatisch für Drittstaatsunternehmen offen. Ohne Handelsabkommen oder besondere Zulassung ist der Zugang stark eingeschränkt. Unternehmen aus Drittstaaten sind daher gut beraten, auf Partnerschaften mit EU-Firmen zu setzen und die vergaberechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig zu prüfen.