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EuGH: Gesetzliche Konzessionsverlängerung ohne Vergabeverfahren kann rechtswidrig sein 

3 Minuten Lesezeit

Mit zwei Entscheidungen (C-728/22 und C-730/22 vom 20.3.2025) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt: Die Verlängerung von Konzessionen durch nationale Gesetzesakte – ohne reguläres Vergabeverfahrenkann europarechtswidrig sein. Betroffen war die Glücksspielbranche in Italien, doch die Tragweite reicht deutlich weiter.

Hintergrund der EuGH-Entscheidungen

Italien hatte Konzessionen für Bingospielunternehmen, die ursprünglich im Jahr 2000 ausgeschrieben wurden, mehrfach gesetzlich verlängert. Im Gegenzug mussten die Betreiber:innen eine zusätzliche Gebühr zahlen, durften ihre Standorte nicht verlegen und wurden verpflichtet, der Verlängerung zuzustimmen, um an künftigen Verfahren teilzunehmen. Als Unternehmen während der COVID-19-Pandemie eine Anpassung der Bedingungen forderten, wurde dies abgelehnt, was schließlich vor dem EuGH landete.

Wann eine Konzession verlängert werden darf

Die Konzessionsvergaberichtlinie 2014/23/EU gilt auch dann, wenn ein Vertrag zwar ursprünglich vor ihrem Inkrafttreten vergeben wurde, aber nach Ablauf der Umsetzungsfrist (18. April 2016) wesentlich geändert wird. Eine gesetzliche Verlängerung ist dabei keine bloße Formalität, sondern eine wesentliche Vertragsänderung, die grundsätzlich ein neues Konzessionsvergabeverfahren erfordert.

Umsetzung in Österreich

In Österreich wurde die Konzessionsvergaberichtlinie durch das Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 (BVergGKonz 2018) umgesetzt. Eine Änderung ist jedenfalls wesentlich, wenn sie den Wettbewerb oder den Inhalt der ursprünglichen Vergabeentscheidung erheblich beeinflussen könnte. Das ist u. a. dann der Fall, wenn neue Bedingungen eingeführt werden, die bei der ursprünglichen Ausschreibung zu anderen Bewerber:innen bzw. einem anderen Zuschlag geführt hätten oder der Umfang der Konzession deutlich ausgeweitet oder reduziert wird.

Auswirkungen für Unternehmen

Für bestehende Konzessionsnehmerinnen:

  • Wer auf gesetzliche Verlängerungen hofft, sollte sich nicht zu sicher fühlen. Der EuGH betont: Wesentliche Änderungen brauchen ein neues Verfahren.
  • Das kann auch Auswirkungen auf bestehende Geschäftsmodelle haben, wenn eine Verlängerung plötzlich nicht mehr rechtssicher ist.

Für potenzielle Bieter:innen:

  • Wachsamkeit lohnt sich. Wenn bestehende Konzessionen ohne Vergabeverfahren verlängert werden, kann das angefochten werden.
  • Unternehmen mit Interesse an einem Markteintritt sollten genau prüfen, ob Vergaberechtsverstöße vorliegen und entsprechende Schritte erwägen.

Für alle Marktteilnehmer:innen:

  • Die Entscheidungen sind ein Signal gegen Wettbewerbsverzerrung. Auch in anderen Bereichen könnten ähnliche Fälle relevant werden.
  • Compliance mit Vergaberecht ist nicht nur für Auftraggeber:innen, sondern auch für Unternehmen entscheidend, um Haftungsrisiken zu vermeiden oder rechtzeitig Marktchancen zu erkennen.

Fazit: Vertragsverlängerungen brauchen rechtliche Grundlage

Die Botschaft des EuGH ist eindeutig: Gesetzliche Verlängerungen ersetzen kein Vergabeverfahren. Unternehmen sollten Entwicklungen genau verfolgen und sich rechtlich absichern. Wer dabei nur auf politische Rückendeckung oder alte Verträge baut, könnte sich auf rechtlich unsicherem Boden bewegen.