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IFG & Vergaberecht: Wie viel Transparenz ist zu viel? 

4 Minuten Lesezeit

Mit dem neuen Informationsfreiheitsgesetz (IFG) soll die Verwaltung transparenter werden. Öffentliche Stellen sind seit 1. September 2025 verpflichtet, Informationen von allgemeinem Interesse zugänglich zu machen.  

Das ist ein großer Schritt in Richtung Offenheit, aber auch ein heikler Balanceakt für Vergabestellen. Denn gerade im öffentlichen Beschaffungswesen ist Vertraulichkeit ein zentraler Wert: Sie schützt sensible Daten, sichert den fairen Wettbewerb und bewahrt das Vertrauen der Marktteilnehmer:innen. 

Vertraulichkeit bleibt entscheidend für fairen Wettbewerb 

Ein Vergabeverfahren lebt von Chancengleichheit. Unternehmen geben Einblick in Kalkulationen, Strategien und technische Lösungen – Informationen, die im falschen Kontext schnell zu einem Wettbewerbsvorteil für andere werden könnten. Deshalb war es bisher selbstverständlich, dass solche Daten vertraulich behandelt werden. 

Mit der neuen Informationsfreiheit ändert sich dieses Selbstverständnis. Auftraggeber:innen müssen künftig abwägen, ob das öffentliche Interesse an Transparenz schwerer wiegt als der Schutz sensibler Inhalte.  

Das klingt abstrakt, kann in der Praxis aber sehr konkret werden: Darf ein Vertrag veröffentlicht werden, wenn er Preisstrukturen oder technische Konzepte enthält? Wie offen darf eine Zuschlagsentscheidung kommuniziert werden, ohne Geschäftsgeheimnisse preiszugeben? 

Die neue Verantwortung der Auftraggeber:innen 

Das IFG macht Vertraulichkeit nicht obsolet, es verschiebt jedoch die Verantwortung. Früher reichte es, Informationen als „vertraulich“ zu kennzeichnen. Künftig muss nachvollziehbar begründet werden, warum etwas nicht veröffentlicht wird. Jede Entscheidung, ob ein Dokument offen oder geschützt bleibt, wird damit zur bewussten Abwägung und zur Frage der Professionalität im Informationsmanagement. 

Was Auftraggeber:innen jetzt konkret beachten müssen 

  • Sensible Inhalte früh erkennen: Schon bei der Erstellung von Unterlagen sollte klar sein, welche Informationen potenziell vertraulich sind. 
  • Transparenz kontrolliert gestalten: Veröffentlichung ja, aber mit Bedacht – etwa durch Schwärzung, Zusammenfassungen oder anonymisierte Daten. 
  • Dokumentation sichern: Wer sich auf Vertraulichkeit beruft, sollte nachvollziehbar festhalten, warum diese notwendig ist. 

Vertrauen als zentrales Gut 

Wenn Unternehmen befürchten müssen, dass ihre vertraulichen Daten in der Öffentlichkeit landen, wird das Vertrauen in öffentliche Auftraggeber:innen schnell brüchig. Die Bereitschaft, an Verfahren teilzunehmen oder innovative Angebote einzureichen, könnte sinken. 

Deshalb bleibt Vertraulichkeit auch im Transparenzzeitalter ein unverzichtbarer Bestandteil des Vergaberechts. Sie schützt nicht nur Geschäftsgeheimnisse, sondern letztlich auch das Vertrauen in das System selbst. 

Fazit: Balance schaffen zwischen Offenheit und Schutz 

Transparenz darf nicht zur Preisgabe von Wettbewerbsgeheimnissen führen, und Vertraulichkeit nicht als Deckmantel für Intransparenz dienen. Wer diese Balance meistert, stärkt nicht nur die Rechtssicherheit, sondern auch das Vertrauen in die öffentliche Beschaffung.