der auftrag.at-Blog

zurück zur Übersicht

Gesamtaufträge im Vergabeverfahren: Was Unternehmen wissen müssen

2 Minuten Lesezeit

Für Unternehmen, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, taucht regelmäßig die Frage auf: Wann darf ich als Unternehmen alleine alles anbieten, was die öffentlichen Auftraggeber:innen mit dem Vergabeverfahren beschaffen möchte?

Besonders relevant wird das bei Projekten mit unterschiedlichen Leistungsteilen, etwa Planung, Bau und spätere Betreuung eines Gebäudes.

Vergaberecht: Teilweise Weitergabe ist erlaubt, aber mit Grenzen

Das Vergaberecht erlaubt, dass Bieter:innen einen Teil der Leistung selbst erbringen und andere Teile an Subunternehmer:innen weitergeben. Nur wenn die gesamte Leistung ausgelagert wird, liegt eine unzulässige Gesamtweitergabe vor.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen übernimmt Korrespondenzdienstleistungen und vergibt Bau und Planung an Subunternehmen. Vergaberechtlich ist das zulässig, sofern der eigene Beitrag vorhanden ist. Gewerberechtlich kann es jedoch kritisch sein, wenn dieser Beitrag – wie hier die Korrespondenzdienstleistungen – nicht als „wichtiger Teil“ der Gesamtleistung gewertet wird. In solchen Fällen fehlt unter Umständen die gewerberechtliche Berechtigung zur Übernahme des Gesamtauftrags.

Gewerberecht: Nur mit „wichtigem Teil“ des Auftrags berechtigt anbieten

Anders sieht es im Gewerberecht aus: Wer einen Gesamtauftrag übernimmt, muss einen „wichtigen Teil“ des Auftrags mit der eigenen Gewerbeberechtigung abdecken. Dieser Teil muss nicht selbst ausgeführt werden. Es reicht, dass er dem Gewerbe zugeordnet ist.

Ob eine Leistung „wichtig“ ist, richtet sich nicht nur nach dem Umfang, sondern auch danach, ob sie aus Sicht der Leistungsempfänger:innen zentral ist. Reinigungsarbeiten nach einer Renovierung etwa gelten meist als untergeordnet – sie berechtigen nicht zur Angebotslegung für das gesamte Projekt.

Unternehmen aus Drittstaaten: Gesamtaufträge nur mit eigener Befugnis

Wer außerhalb der EU oder des EWR sitzt, unterliegt nicht automatisch der österreichischen Gewerbeordnung. Das heißt aber nicht, dass solche Unternehmen automatisch Gesamtaufträge übernehmen dürfen. Auch hier gilt: Ein relevanter Leistungsteil muss durch eine eigene Befugnis gedeckt sein, sonst fehlt die Berechtigung zur Angebotsabgabe.

Freie Berufe: Berufsrecht kann limitieren

Bei freien Berufen wie Ziviltechniker:innen, Ärzt:innen oder Anwält:innen ist oft gar nicht die Gewerbeordnung, sondern das jeweilige Berufsrecht entscheidend. Ziviltechniker:innen dürfen etwa nicht gleichzeitig planen und ausführen, selbst wenn die Ausführung durch Subunternehmen erfolgt. Das widerspricht ihrer unabhängigen Rolle.

Fazit: Befugnis rechtzeitig prüfen, sonst droht Ausschluss vom Verfahren

Unternehmen sollten bereits vor Angebotslegung prüfen, ob sie zur Übernahme des Gesamtauftrags berechtigt sind:

  • Vergaberechtlich: Wird ein Teil der Leistung selbst erbracht?
  • Gewerbe-/Berufsrechtlich: Deckt die eigene Berechtigung einen wichtigen Teil der Gesamtleistung ab?

Fehlt eine entsprechende Befugnis, kann das Angebot aus dem Verfahren ausgeschlossen werden – selbst wenn Subunternehmer:innen für die anderen Bereiche bereitstehen.